Viele kleine Entscheidungsfälle
Der historische Ursprung der Postkorb-Übung liegt im Jahre 1952 – Norman Frederiksen entwickelte die erste Postkorbübung für die Air Force (Frederiksen et al. 1957). In seiner häufig zitierten Studie fand Mintzberg (1981) heraus, dass Manager täglich durchschnittlich 36 Schriftstücke zur Bearbeitung vorgelegt bekamen. Die Postkorbübung simuliert genau das. Früher wurde dies mit 15 bis 25 Schriftstücken, die theoretisch auf dem Schreibtisch eines Mitarbeiters zur Bearbeitung landen könnten, dargestellt. Heute analog dazu mit E-Mails. Aus eignungsdiagnostischer Sicht liegt der Vorteil gegenüber einer Fallstudie darin, dass die jeweils zu messenden Kompetenzen in unterschiedlichen Mails mehrfach getriggert und beobachtet werden können, damit Zufallseinflüsse minimiert werden.
Lange Zeit die beliebteste AC-Übung
Seit den 90er-Jahren ist der Postkorb in deutschsprachigen Organisationen durch die unreflektierte Adaptation klassischer Postkorbinhalte – z. B. simple Varianten mit privaten Themen („Notiz Ihrer Haushälterin Ulla“) oder Bearbeitung einfacher Terminkollisionen („Terminkollision Zahnarzt mit wichtiger Besprechung in der Firma“) – teilweise in Verruf geraten. Dies erklärt möglicherweise die deutliche Verringerung der Verwendung von deutschsprachigen AC auf das aktuelle Niveau von 30 % (Obermann et al., 2016).
Diese Kritik bezieht sich jedoch auf die simplen Inhalte der Postkorbvorgänge, aber nicht auf die grundsätzliche Methodik, nämlich die Idee der Bearbeitung mehrerer unabhängiger Kurzfälle. Das Prinzip ist für Nachwuchskräfte, genauso wie für die Top-Management-Ebene relevant. Die Inhalte für Ziellevel Management sind dann keine oberflächlichen Termin-Prioritätskonflikte mehr, vielmehr geht es um die Bewertung von Business-Zahlen oder typische Entscheidungsfälle auf Managementebene.
Moderne Online Assessment statt Papier-Postkorb
Es gilt also zu definieren, welche Kriterien und Anforderungen für die entsprechende Zielgruppe relevant sind, um diese in der Postkorbübung abzubilden. Vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick auf den immer lauter werdenden Ruf nach Digitalisierung und Abschaffung von Papier-Unterlagen hat Brooklynmaxx das Online Assessment entwickelt – eine innovative Business Simulation, in der Kandidaten durch ein Intro-Video in die Position des Head of Office eines fiktiven Beratungsunternehmens versetzt werden. Innerhalb von 70 Minuten sind 10 E-Mails und Video-Messages zu bearbeiten. Hierbei handelt es sich um alltagstypische Problemstellungen, die branchenübergreifend an eine Führungs- oder Nachwuchskraft herangetragen werden. Antworten werden im E-Mail-Format oder im Video-Format erwartet.
Das Online Assessment ermöglicht eine valide und reliable Kompetenzmessung auf den fünf Dimensionen Mastering Complexity, Driving Business, Analytical Skills, Leadership und Customer Orientation. Im Unterschied zum papierbezogenen Postkorb ist die Auswertung absolut auswertungsobjektiv und abgesichert anhand von Vergleichsnormen. Durch die Auswertung der Ergebnisse in Relation zu einer umfangreichen Normstichprobe ist eine objektive Aussage über den Leistungsstand des Teilnehmers möglich. Weiterhin wird der administrative Aufwand durch die vollständig computergestützte Anwendung auf ein Minimum reduziert und die zeit- bzw. ortsunabhängige Durchführung des Online Assessments ermöglicht.
Literatur
Frederiksen, N., Saunders, D. R., & Wand, B. (1957). The in-basket test. Psychological Monographs: General & Applied. 71 (Whole No. 438).
Mintzberg, H. (1981). Der Managerberuf: Dichtung und Wahrheit. Harvard Manag 2:66-78.
Obermann, C., Höft, S., & Becker, N. (2016). Assessment Center-Praxis 2016:
Ergebnisse der aktuellen AkAC-Anwenderbefragung. In: Arbeitskreis Assessment Center e.V. (Hrsg) Dokumentation zum 9. Deutschen Assessment-Center-Kongress, Pabst Science Publishers, Lengerich.
Obermann, C. (2018). Assessment Center. SpringerGabler